José Paulo da Costa Almeida arbeitet als ständiger Diakon in der Mission der portugiesisch sprechenden Gläubigen im Kanton Zürich.
«Ich habe in Portugal 8 Jahre lang das Priesterseminar besucht. Ein Jahr vor Abschluss des Studiums begann ich zu zweifeln. Ich fragte mich, ob ich den richtigen Weg gewählt hatte. Schliesslich kam ich zum Schluss, dass ich nicht Pfarrer sein konnte. Denn ich hatte eine klare Vorstellung vom Beruf, und die Perspektive, die ich vor mir sah, war ganz anders. Die Übereinstimmung zwischen dem, was wir sagen und glauben, und dem, wie wir leben, war für mich einfach nicht gegeben.
Ich schloss dann zwar das Theologiestudium ab, ging aber in die öffentliche Schule und unterrichtete dort zehn Jahre lang Religion. Bis ich von einem früheren Pfarrer meiner Gemeinde, der unterdessen in der Schweiz arbeitete, eine Einladung erhielt: Willst du in der Schweiz mit Migrantinnen und Migranten arbeiten? Ich sagte mir: wieso nicht? Ich fand sowieso, es sei an der Zeit, wieder mal etwas Neues zu machen. Ich kann nicht ewig am gleichen Ort leben und arbeiten, ich brauche Abwechslung, das ist meine Persönlichkeit.
So zog ich in die Schweiz und übernahm nach einer kleinen Einführungsphase die Aufgabe als Pastoralassistent. Das ist eine ziemliche Herausforderung, denn in der Mission sind wir nur zu dritt: eine Sekretärin, ein Pfarrer und ich. Mit diesem kleinen Team arbeiten wir für rund 28'000 Katholiken portugiesischer Muttersprache in vier Gemeinden im Kanton Zürich – nicht nur aus Portugal, auch aus Brasilien und anderen Ländern.
Alles konzentriert sich aufs Wochenende
Meine Hauptaufgabe ist die Katechese: die Vorbereitung und Planung des Unterrichts, aber auch die Weiterbildung von Katechetinnen. Zudem führe ich Firmvorbereitungskurse durch. Unter der Woche arbeite ich im Büro in Zürich, am Wochenende gehe ich zu den Leuten in unsere vier Gemeinden im Kanton: am Samstag in Winterthur und Uster und am Sonntag in den zwei Gemeinden in Zürich.
Wir haben also sehr anstrengende Wochenenden. Aber das geht nicht anders: Unter der Woche arbeiten die Migranten, und sie sind weit verstreut. Deshalb können wir nicht am Montagabend eine Sitzung abhalten, da kommt niemand. Es konzentriert sich alles aufs Wochenende, da müsste ich mich manchmal klonen können. Und unter der Woche bereiten wir uns darauf vor.
Ich arbeite allerdings auch noch in der Pfarrei in Schlieren, und da ist es anders: Die Portugiesinnen und Portugiesen wohnen alle in der Nähe, da findet das meiste unter der Woche statt, vieles auch mit Kindern und Jugendlichen. Hier ist eine Aktivität am Wochenende die Ausnahme.
Wenn ich sehe, dass die Menschen mit meiner Arbeit zufrieden sind, weiss ich: Meine Aufgabe ist wichtig, es braucht mich. Ich schätze den Kontakt mit den Menschen sehr, ich brauche das. Unter der Woche läuft mir manchmal zu wenig, zu dritt im Büro kann es recht einsam sein. Deshalb blühe ich am Wochenende auf. Und wenn ich sehe, dass die Menschen mit meiner Arbeit zufrieden sind, weiss ich: Meine Aufgabe ist wichtig, es braucht mich.
Dabei weiss ich: Wir Kirchenleute sind nicht perfekt, auch wir machen Fehler. Deshalb dürfen wir andere nicht verurteilen, die Fehler machen. Wir sollten ein Vorbild sein und kein Richter, der immer im Recht sein will. Vor allem müssen wir den Menschen dienen, sie unterstützen und ihnen helfen. Wir können auch nicht alle Probleme lösen, aber wir sollten es zumindest versuchen und die Probleme anderer Menschen nicht kleinreden.
Einsatz für eine offene Kirche
Am Ende meines Studiums haderte ich ja mit der Kirche, und deshalb wurde ich dann nicht Priester. Heute stehe ich an einem anderen Ort, und auch die Öffnung, die Papst Franziskus in die katholische Kirche trägt, gefällt mir. Ich will ebenfalls eine offene Kirche, eine mit offenen Türen. In der Schweiz ist sie das viel stärker als in Portugal; der Umgang der katholischen Kirche mit Geschiedenen oder Homosexuellen ist hier anders als in meinem Heimatland. Und Papst Franziskus unterstützt das, er setzt sich ein für eine offenere Kirche. Manchenorts gibt es immer mehr Leute ohne Hoffnung, und wenn die Türen der Kirche geschlossen oder fast zu sind, kommen sie nicht zu uns und bleiben draussen vor.
Bereitschaft zum Dienen als wichtige Voraussetzung
Aber zurück zum Dienen als Diakon. Dazu muss man wirklich bereit sein, wenn man diesen Weg einschlagen will, und das nicht nur zu Bürozeiten. Mir ist es schon einige Male passiert, dass ich mit meiner Familie zu Hause war und dann kam um 22 Uhr, kurz vor dem Einschlafen, ein Anruf. Da war zum Beispiel ein Mann gestorben, und seine Frau wollte mit mir sprechen. Klar, da fährst du zu ihr, auch in der Nacht. Gerade weil ich so viel am Wochenende arbeite, ist das für die eigene Familie manchmal schwierig. Das sind Nachteile meines Berufs, die man in Kauf nehmen muss.
Dafür wird man aber reich entschädigt, durch die Begegnungen mit unterschiedlichsten Menschen in allen möglichen Situationen. Für eine offene Persönlichkeit wie mich sind die vielfältigen Begegnungen ein grosses Geschenk.»
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