Lukas Schönenberger arbeitet als Leitungsassistent in der Pfarrei St. Anna in Frauenfeld. Er ist verheiratet und hat drei Kinder.
«Nach der Matura und dem Abschluss der Offiziersschule schrieb ich mich für ein Theologiestudium in Freiburg ein. Das war ein Bauchentscheid und kam eher überraschend. Eigentlich wollte ich Geschichte studieren oder Journalist werden. Theologie und der Glaube hatten mich aber immer fasziniert.
Das Bistum Basel wollte mich für den kirchlichen Dienst gewinnen. Ich selbst sah mich aber nie als Seelsorger, meine Stärken liegen woanders. Nach dem Bachelorabschluss arbeitete ich in der Firma eines Kollegen im luzernischen Entlebuch im Projektmanagement. Wir begleiteten verschiedene Projekte wie Gemeindefusionen oder Wahlkampagnen. Ich fand die Aufgaben sehr spannend.
Neue Position kam überraschend
Als mich der Pfarrer von Frauenfeld fragte, ob ich Jugendlichen Religionsunterricht geben und eine Firmgruppe begleiten möchte, sagte ich zu. In der Pfarrei, die ich aus meiner Jugend kannte, gefiel es mir von Anfang an sehr gut. Mein anfangs kleines Pensum wuchs und ich übernahm immer mehr Verantwortung. Schliesslich leitete ich den ganzen Bereich Religionsunterricht des Pastoralraums mit rund 12'000 Gläubigen.
Dann musste der Pfarrer überraschend demissionieren. Ich wurde angefragt, ob ich die Koordination der Pfarrei vorübergehend übernehme, bis eine neue Gemeindeleitung gefunden ist. Die Anfrage war an zwei Bedingungen geknüpft: Ich soll regelmässig Führungscoachings (Supervision) nehmen und einen Masterabschluss machen. Berufsbegleitend schloss ich den MAS Business Administration der ZHAW in Winterthur ab; die Supervision besuche ich bis heute.
Als ich meine neue Aufgabe übernahm, im Jahr 2017, gab es die Berufsbezeichnung Leitungsassistenz noch gar nicht. Wir einigten uns auf die Bezeichnung «Koordinator». Von den Aufgaben her übe ich den Beruf eines Leistungsassistenten aus. Sobald eine neue Gemeindeleitung kommt, werde ich zu dieser Berufsbezeichnung wechseln.
Sitzungen und Administration prägen den Alltag
Ich bin die rechte Hand des Gemeindeleiters. Ich helfe zum Beispiel bei der Führung von Mitarbeitenden, übernehme die Vor- und Nachbereitung von Sitzungen und leite verschiedene Projekte. Ich schaue, dass die Beschlüsse und Resultate von Sitzungen in verschiedenen Bereichen weitergeführt und umgesetzt werden und bin die Person, bei der alle Fäden zusammenfliessen. Ich bin dafür verantwortlich, dass unsere rund 70 Mitarbeitenden informiert und für ihre unterschiedlichen Einsätze koordiniert werden. So organisiere ich unter anderem die Gottesdienstplanung für die verschiedenen Kirchen unserer Gemeinde und übernehme die Koordination mit internen und externen Stellen.
Mein Alltag ist durchgetaktet und geprägt von viel Büroarbeit und regelmässigen Sitzungen mit den verschiedenen Teams, Bereichsleitungen und externen Partnern. Montags und freitags erledige ich vorwiegend Administratives, da die meisten Seelsorgenden dann nicht im Haus sind oder sich auf den Gottesdienst vorbereiten. Es gibt auch Situationen, in denen ich rasch reagieren muss. Zum Beispiel bei Todesfällen koordiniere ich kurzfristig, welche Seelsorgenden die Beerdigungen übernehmen.
Anderen Freiraum schaffen, damit es für alle stimmt
Von den Aufgaben her könnte ich auch in einer Verwaltung arbeiten, es ist eine klassische Stabschef- oder Projektmanagementstelle. Ich bin ein kirchlich geprägter Mensch und mir sind der Glaube und die Kirche sehr wichtig. In der Kirche braucht es auch organisatorisch versierte Menschen, nicht nur Seelsorgerinnen und Seelsorger. Es gefällt mir sehr, meinen Mitarbeitenden Freiraum zu schaffen, damit sie ihre Stärken ausleben können. Und ich bin froh, dass ich nicht seelsorgerisch tätig sein muss. Ich bin besser bei Organisatorischem und in Führungsaufgaben.
Es hilft, wenn man einen Zugang zur Kirche oder zum Glauben hat. Das heisst nicht, dass das Thema lebensbestimmend sein muss, aber man muss an die Inhalte anknüpfen können. Zudem braucht es ein Verständnis für duale Systeme – also das Zusammenspiel zwischen pastoraler Seite (Pfarrei) und der staatskirchenrechtlichen Seite (Kirchgemeinde). Ein solches Verständnis braucht man aber zum Beispiel als Lehrperson auch.
Wer sich für den Beruf interessiert, dem rate ich eine Art Führungsausbildung zu machen, zum Beispiel in Betriebsökonomie, Personalmanagement oder Projektmanagement.
Abrenzung ist wichtig
Das Beste an meinem Beruf ist, dass ich mit Menschen unterwegs sein darf und wir zusammen unsere Organisation weiterentwickeln können. Besonders Freude habe ich an Projekten, die zeitlich begrenzt sind – zum Beispiel die Organisation eines Anlasses oder Jubiläums. Eine Zeit lang etwas zusammen entwickeln und auch mal abschliessen, das befriedigt mich.
Zu den Schattenseiten des Berufs zählt, dass ich manchmal personelle Entscheide treffen muss, die nicht einfach sind. Zudem sind die Arbeitstage oft lang: Durch die Arbeit mit Freiwilligen und Behörden findet vieles abends oder am Wochenende statt. Da braucht es oft Selbstdisziplin, um sich abzugrenzen. Mir gelingt das, weil ich eine grossartige Frau und drei Kinder habe.
Von Anfang an Wohlwollen gespürt – auch als junge Person
Dadurch, dass das Berufsprofil Leitungsassistenz noch jung ist, ist der Alltag noch nicht so institutionalisiert. Als Berufseinsteigerin oder -einsteiger hat man einen relativ grossen Freiraum und trifft auf offene Türen – gerade auch bei älteren Mitarbeitenden.
Ich habe selbst als 31-Jähriger angefangen. Was mich wahnsinnig motiviert und bestärkt hat, war, dass mir mein Berufsumfeld von Anfang an vertraut hat. Das war grossartig. Ich habe immer die Freude der Mitarbeitenden gespürt. Nie hatte ich das Gefühl, ich muss mich behaupten. Die gegenseitige Wertschätzung ist schön.»
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