Sonja Lofaro arbeitet als Religionspädagogin bei Missio im Bereich Kinder und Jugend in Freiburg.
«Ich bin eine klassische Quereinsteigerin, denn ich fand erst mit 25 Jahren den Berufseinstieg in die Kirche. Nach einer KV-Lehre bei der Post blieb ich ein Jahr auf dem Büro, und nach einem längeren Sozialeinsatz in Südamerika war ich in der Administration eines Beratungsbüros tätig. Aber an eine Veränderung hatte ich eigentlich schon nach der Lehre gedacht: Ich bin ein Mensch, der nicht gerne stehen bleibt im Leben. Und einen Fuss hatte ich schon immer in der Kirche, denn ich war lange Ministrantin und bis 25 auch Ministrantenleiterin. Zudem sind meine Eltern gläubig, und ich ging als Kind jeden Sonntag in die Messe. Die Kirche war für mich also keine Unbekannte, und mit der Zeit ist die Sehnsucht nach Gott gewachsen.
In der Auseinandersetzung mit mir selbst wurde mir bald klar: Ich brauche eine Arbeit, wo ich mich mehr als Mensch eingeben kann, als das im Büro der Fall ist. Lange tendierte ich mit meinen Plänen Richtung Sozialarbeit oder Psychologie. Die Infos darüber waren immer okay, aber eben nicht mehr. Eher per Zufall stiess ich beim Surfen im Internet mit meiner Schwester dann auf das Religionspädagogische Institut (RPI) der Universität Luzern. Gleich am Tag danach fand eine Infoveranstaltung statt. Ich ging hin und fühlte mich sofort daheim: Jetzt bist du dort, wo du eigentlich sein solltest, war mein Gefühl. Dabei wollte ich eigentlich lange weder in den Lehrerberuf wechseln noch etwas in der Kirche arbeiten.
Als Mensch und im Glauben wachsen und reifer werden
Da war es nur logisch, dass ich trotz allem lange mit mir selber kämpfte: Ist es das Richtige, in der Kirche zu arbeiten, und als Pädagogin, werde ich da glücklich sein? Aber schliesslich meldete ich mich an, und das habe ich nie bereut. Die Ausbildung zur Religionspädagogin ist sehr vielseitig; es ist eine unglaubliche Fülle an Wissen, die ich da aufnehmen durfte. Dadurch konnte ich als Mensch und im Glauben wachsen und reifer werden. Das Studium erfordert eine ganze Reihe von Auseinandersetzungen mit den unterschiedlichsten Themen, und mit sich selbst. So lernte ich, vor Menschen hinzustehen, zu reden und Dinge oder mich selbst zu erklären. Das war eine wichtige Entwicklung für mich. Wir diskutierten viel in der Ausbildung, und ich fragte mich auch immer wieder: Glaube ich noch? Trotz den Zweifeln und dem Ringen, das beides zum Glauben gehört, konnte ich diese Frage für mich immer wieder mit einem Ja beantworten. Aber die Ausbildung bringt dich ganz schön durcheinander.
Eine Dozentin brauchte einmal das Bild eines Puzzles: Am Anfang schaffst du eines mit nur wenigen Teilen, wie ein kleines Kind. Dann steigerst du dich, du schaffst immer grössere Puzzles mit mehr und kleineren, präziseren Teilen. Am Schluss landest du bei der dritten Dimension. Es kommt ständig neues Wissen hinzu, deine Augen öffnen sich und du erkennst immer mehr die Zusammenhänge. Der Glaube erfuhr so eine tiefere Dimension und wurde immer mehr zum prägenden Teil meiner Identität. Doch die Ausbildung am RPI ist nicht alles. Die persönliche Auseinandersetzung und die Arbeit an dich selbst sollte immer wieder ein Teil deines Lebens sein. Stille, Gebet, Bibelmeditationen, Exerzitien und der Austausch über den Glauben mit anderen Menschen gehören seit langer Zeit zu meinem Leben. Nur durch diese persönliche Vertiefung kann ich meinen Beruf ausüben.
Als Religionspädagogin mit Menschen jeden Alters arbeiten
Wer die Berufsbezeichnung Religionspädagogin hört, nimmt meistens an, dass man nur mit Kindern und allenfalls Jugendlichen arbeitet. Doch dem ist nicht so. Viel wichtiger als ein Abschlussdiplom muss immer wieder die Frage nach der Berufung, nach den Charismen und nach den Talenten sein. In meinem Fall darf ich daher, neben dem Religionsunterricht und der Jugendarbeit mit Erwachsenen, auch einen Bibelabend führen, Liturgien mitgestalten und zwischendurch ältere oder kranke Menschen besuchen. Da auch die Musik immer ein wichtiger Bestandteil meines Lebens war, kann ich des Öfteren meinen Gemeindeleiter bei Taufen, Beerdigungen oder Hochzeiten begleiten und mit meinem Gesang die Feier mitgestalten. Auch das ist für mich ein wichtiger Teil meines Alltages in der Pfarrei.
Ich liebe es, immer wieder Gott ins Spiel zu bringen und zu sehen, was einem da geschenkt wird. Überhaupt darf ich so vielen unterschiedlichen Menschen begegnen, wie ich das vorher nie hatte. In diesen Begegnungen werde ich Teil ihres Lebens. Das ist berührend, und es ist auch eine Ehre, zuhören zu dürfen. Ich höre und schaue, was in meinen Gesprächspartnern abgeht, das ist spannend und herausfordernd. Ich liebe es, immer wieder Gott ins Spiel zu bringen und zu sehen, was einem da geschenkt wird. Das ist jedes Mal anders.
Es ist schon eine grosse Freiheit und ein Privileg, meinen Arbeitsalltag so einzuteilen, wie ich will. Und gleichzeitig Zeit zu haben, um einen grossen Teil meiner Identität und Berufung auszuleben. Ich darf etwas leben, das mir wichtig ist, und was meine Leidenschaft ist und in mir brennt, mit anderen Menschen teilen. Wenn ein Junger ebenfalls das Gefühl hat, er brenne für die Menschen und für Gott, dann muss er es probieren.
Manchmal kann die Struktur der Landeskirche allerdings auch einengen. Und wenn die Struktur wichtiger ist als der Mensch, habe ich Mühe. Ebenso wenn ich erlebe, dass die Kirche mehrheitlich zu einem Verwaltungsapparat wird, der sich nur noch um sich selbst dreht. Aber alles in allem kann ich in meinem Beruf die eigenen Fähigkeiten mit ziemlich viel Freiraum entwickeln. Damit muss man auch umgehen können, das macht es nicht immer einfacher.
Offen sein für Menschen, Begegnungen und Geschichten
Um Religionspädagogin zu sein, braucht es Freude am Glauben und Leidenschaft. Man muss ein Feuer in sich spüren, das einen vorantreibt. Dann muss man offen sein für Menschen, Begegnungen und Geschichten, aber auch für Sorgen und weniger schöne Sachen. Die Basis dazu ist für mich meine Beziehung zu Gott, erst das ermöglicht mir die Begegnung mit Menschen. Und mit diesen Menschen darf ich über Glaubensfragen zusammen nachdenken und ringen.
Nicht nur die Ausbildung ist vielfältig, auch der Arbeitsalltag ist es. Ich darf Menschen aus den unterschiedlichsten Schichten und Kreisen kennenlernen. Das konnte ich früher nicht. Meine Arbeit vollzieht sich in der Begegnung mit den Menschen, im Einbringen meiner Charismen und meines Wissens und ist im Glauben an Gott verankert. In der Kirche finden verschiedene Kulturen, Nationalitäten und Sprachen unter einem Dach zusammen. Dies, verbunden mit der gemeinsamen Frage nach Sinn und Glauben, macht es für mich ziemlich einzigartig und gibt mir eine Heimat.
Das ist für mich Heimat: die kulturelle Vielfalt der Menschen verbunden mit der gemeinsamen Frage nach dem Glauben.
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