Miriam Pacucci ist neu Bischofsassistentin.
Im 2021 hat die 29-jährige Theologin Miriam Pacucci ihre Arbeit als Bischofsassistentin des Diözesanbischofs aufgenommen. Ihr Theologiestudium absolvierte sie in Luzern, wo sie mit einem Master abschloss. Erste Erfahrungen in der Seelsorge sammelte Miriam Pacucci im Pastoraljahr und anschliessend als Seelsorgerin in der Pfarrei Herz-Jesu in Zürich-Oerlikon.
«Der Glaube hat in meinem Leben schon immer eine wichtige Rolle gespielt. Dennoch zögerte ich als Jugendliche, als mir meine Mutter vorschlug, Theologie zu studieren. Für mich hatte Theologie immer etwas Verstaubtes. Für meine Maturaarbeit interviewte ich dann den Priester der italienischen Missionsgemeinschaft, welcher meine Familie und ich angehörten. Dieser legte mir ebenfalls ans Herz, Theologie zu studieren. Ich ging dann also, auch ihm zuliebe, an die Uni Luzern schnuppern. Es gefiel mir extrem gut und ich meldete mich an. Da mir Sprachen liegen und ich vielseitig interessiert bin, passte das abwechslungsreiche Studium sehr gut zu mir. Ich schätzte die familiäre Stimmung und dass man sich gegenseitig hilft.
Ich wusste aber lange nicht, was ich nach dem Studium machen sollte. Mein bester Freund, der fürs Bistum Chur studierte, machte mir Mut, für die Schweizer Kirche zu arbeiten. Durch den Freund lernte ich auch den Regens des Bistum Chur kennen, der mich von Anfang an unterstützte, und wir verstanden uns auch auf menschlicher Ebene sehr gut. Er und der Personalverantwortliche des Generalvikariats halfen mir dabei, eine Pfarrei zu finden, die zu mir passte und in der ich mich wohl fühlte.
Für mich war es am Anfang schon eine Umstellung, für die Schweizer Kirche zu arbeiten: Sie ist, im Gegensatz zur Mission, eher progressiv. Auch an den Gesang musste ich mich beispielsweise zuerst gewöhnen. Nicht, weil er mir nicht gefiel, aber die Lieder sagten mir einfach nichts.
Es braucht Zeit, bis sich die Leute einem gegenüber öffnen
Im ersten Jahr in der Pfarrei konnte ich überall reinschauen. Dieses Jahr war nun mein Pastoraljahr, in dem ich mich spezialisierte: Ich gab Unterricht auf verschiedenen Stufen und übernahm Verantwortung bei der Firmvorbereitung. Ich bin mit den Ministrantinnen und Ministranten ins Lager gegangen, und auch das Krippenspiel habe ich mitorganisiert. Gleichzeitig habe ich mein erstes Jugendprojekt zum Laufen gebracht, und auch bei der Einführung einer «Kinderkirche» in meiner Pfarrei war ich eingebunden. Daneben machte ich Hausbesuche und Einzelseelsorge, das mag ich sehr. Ich habe auch Beerdigungen und Wort-Gottes-Feiern geleitet sowie mich an ökumenischen Projekten beteiligt. Ich komme gerne mit den Leuten ins Gespräch, auch in schwierigen Situationen.Es ist nicht einfach zu den Leuten durchzudringen. Aber wenn man es geschafft hat, gibt es einem sehr viel zuIn diesem Job läuft sehr vieles über die zwischenmenschliche Ebene. Es braucht Zeit, bis sich die Leute einem gegenüber öffnen und auch über persönliche Dinge sprechen. Da ich hier relativ neu bin, kennen mich die Leute noch zu wenig. Es ist zwar manchmal etwas schwierig, zu den Leuten durchzudringen. Aber wenn man es geschafft hat, gibt es einem sehr viel zurück.
Zeigen, dass Schmerz, Leid und Unglück zum Leben gehören
Das Berufsfeld der Seelsorgerin ist sehr offen. Die Aufgaben hängen stark davon ab, in welcher Pfarrei man arbeitet. In der Pfarrei, in der ich arbeite, habe ich das Glück, dass meine Wünsche und auch meine Stärken grösstenteils berücksichtigt werden. Ich predige zum Beispiel nicht gern und bewege mich liturgisch viel lieber im Kirchenschiff als im Altarraum. Das ist in meiner Pfarrei möglich, denn wir haben neben dem Pfarrer gleich zwei Diakone.
Über Leid und Tod zu sprechen, ist nicht einfach. Aber ich merke auch, dass ich am richtigen Ort bin, wenn ich es tue. Ich will die Leute da abholen, wo sie sich gerade befinden. Ich möchte bei ihnen sein, wenn sie leiden, aber auch wenn sie glücklich sind. Ich will mithelfen, Schmerz, Leiden und Unglück in unserer Gesellschaft zu entstigmatisieren. Es ist normal, alle leiden irgendwann in ihrem Leben, es gehört dazu. Ich will diese Themen mittragen aus der Perspektive des Glaubens, der mich trägt.
Ein Gespür fürs Zwischenmenschliche
Ich hatte schon ein wenig Pfarreierfahrung von der italienischen Mission. Dennoch war ich sehr froh, dass für mich eine Stelle geschaffen wurde, wo ich am Anfang auch einfach mitlaufen konnte und langsam reinkommen konnte, da ich anfangs noch sehr unsicher war. Wichtig ist auch, dass es das Team gut zusammen hat.
Als Seelsorgerin braucht man eine gewisse Feinfühligkeit und Sensibilität. Man muss ein Gespür dafür haben, was sich gehört und was nicht. Es ist wichtig zu wissen, wann man was sagen soll oder besser auch einmal still sein muss. Es ist auch essenziell, dass man seine eigenen Worte und Handlungen hinterfragt. Man hat mit so vielen verschiedenen Leuten zu tun, muss sich mit ihnen auseinandersetzen.
Mein Beruf ist extrem vielfältig, und ich kann überall viel bewirken. Sei es beim Morgenkaffee mit dem 80-jährigen Witwer oder beim Religionsunterricht mit Kindern. Gerade auch von den Jungen kommt so viel zurück, sofort und unverblümt. Das hilft mir dabei, mich immer wieder von Neuem zu motivieren. Das Unmittelbare und Menschliche gefallen mir sehr gut.
Anstrengende Auseinandersetzung mit dem Glauben
Dennoch hat der Beruf auch weniger schöne Seiten: Es braucht Kraft, sich jeden Tag mit verschiedenen Menschen über den eigenen Glauben, über die eigenen Wurzeln auseinanderzusetzen. Man teilt quasi täglich das Intimste mit anderen. Da kann es im Team schon mal Meinungsverschiedenheiten geben. In einem normalen Bürojob muss man sich nicht immer so intensiv mit seinen Bürogspänli auseinandersetzen. Mit dem Alter und der Erfahrung wird man vielleicht lockerer, dann fällt einem das alles wohl auch leichter. Ich bin eine sehr sensible Person, und spüre viele Schwingungen, manchmal wohl auch zu viel.
Auch die Arbeitszeiten sind eher gewöhnungsbedürftig: Als Mitarbeiterin oder Mitarbeiter in der Seelsorge arbeitet man auch öfters mal am Abend und fast jedes Wochenende, die Woche hat meistens sechs Arbeitstage. Andererseits ist man als Seelsorgerin auch sehr flexibel: Ich kann den Tag meistens zeitlich so gestalten, wie ich will. Gerade deshalb muss man sich aber abgrenzen können, vor allem auch, wenn man in seinen bevorzugten Nischen arbeiten kann: Wenn man etwas gern macht, arbeitet man oft sehr lange daran.
Ich glaube, die meisten Leute in der Kirche arbeiten zu viel. Selber Gedichte oder Gebete zu schreiben, das braucht zum Beispiel extrem viel Zeit. Aber, Gott sei Dank, gibt es in der Liturgie sehr vieles, das bereits geschrieben wurde. Da kann man sehr gut auf Bestehendes zurückgreifen.
Als Pastoralassistentin kann ich sehr viel bewirken, mich verwirklichen und ich erfahre Wertschätzung. Dennoch könnte ich mir auch gut vorstellen, als Flughafen- oder Notfall-Seelsorgerin zu arbeiten. Oder für ein christliches Hilfswerk. Egal was: Ich will irgendwie Gott dienen. Wo er mich einsetzen will, da gehe ich hin.»
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