Martina Helfenstein ist in Sursee LU Sozialarbeiterin für die Katholische und die Reformierte Kirche; zusammen tragen diese die ökumenische Stelle Soziale Arbeit der Kirchen Sursee.
«In meinen drei Jahren Vollzeitstudium in Sozialer Arbeit an der Hochschule Luzern hatte uns Studentinnen und Studenten niemand gesagt, dass auch die Kirche als Arbeitgeberin infrage kommt. Zur Kirche kam ich dann auch per Zufall: Eine Tante zeigte mir ein Stelleninserat, in dem die Pfarrei Baar eine Sozialarbeiterin suchte. Ich bewarb mich und mir gefiel die Vielfalt der Arbeitsbereiche so gut, dass ich sieben Jahre blieb.
Baar ist die grösste Pfarrei im Bistum Basel. Aber nicht nur deshalb gab es für mich zu Beginn viel zu lernen. Begriffe wie Liturgie oder Dekanat waren mir anfänglich fremd, vieles war neu für mich. Als Jugendliche machte ich zwar im Blauring mit, aber das war in meinem vorherigen Leben neben dem Religionsunterricht und den Sakramenten der einzige Anknüpfungspunkt zur Kirche gewesen. So brauchte ich Zeit, um am neuen Ort anzukommen und zum Beispiel das erste Mal ein Kirchenjahr von A bis Z zu erleben. Glücklicherweise gab man mir diese in Baar.
Sich Zeit nehmen für Menschen und Aufgaben
Als Sozialarbeiterin das Leben einer Pfarrei mitgestalten, das ist eine spannende Aufgabe. Jede und jeder im Team hat seinen Blickpunkt, aber zusammen sucht und findet man eine Lösung, und die ist oft besser als jene, die man alleine gefunden hätte. Und man kann sich Zeit nehmen für Menschen und Aufgaben, das ist keine Selbstverständlichkeit im modernen Arbeitsalltag.
Nach sieben Jahren in Baar weckte wiederum ein Stelleninserat mein Interesse: Dieses Mal ging es um den Aufbau einer völlig neuen Stelle für Soziale Arbeit im Städtchen Sursee. Die Möglichkeit, Neues zu gestalten und eigene Ideen einzubringen, wollte ich packen. Und siehe da: Ich wurde angestellt.
Wichtig ist mir auch die Ökumene, arbeite ich doch für die Katholische und die Reformierte Kirche.
Soziale Arbeit ist ein spannender, interdisziplinärer Beruf. Im Studium beschäftigst du dich mit Fächern wie Recht, Soziologie oder Psychologie. Und das alles kann ich heute im Arbeitsalltag anwenden. Der ist ja so vielfältig: Ich berate Menschen, die zu mir kommen, bin aber auch in Projekten engagiert. Auf beiden Wegen habe ich Kontakt zu vielen unterschiedlichen Menschengruppen. Und jeder Tag bringt Überraschungen: Meistens weiss ich am Morgen nicht, was mich den Tag durch erwartet. Dafür geniesse ich viele Freiheiten und viel Freiraum.
Abgrenzen als wichtige Komponente
Die Sozialberatung, die einen Teil meiner Arbeit ausmacht, ist einigermassen planbar. Manchmal sind die Anliegen aber auch dringender Natur, da muss ich flexibel sein. Doch viele Klientinnen und Klienten kommen erst auf den letzten Drücker zu mir, wenn sich zum Beispiel ein Problem schon zugespitzt hat oder eine Situation schon ziemlich verfahren ist. Dann pressiert es plötzlich. Dafür kann ich aber nichts, deshalb muss ich mich auch abgrenzen können. Meine Arbeitszeiten sind übrigens regelmässig unregelmässig, aber lange nicht so wie bei Seelsorgern. Das Wochenende ist zum Beispiel meistens frei.
Lange Zeit war ich die einzige Sozialarbeiterin im Team; aus fachlicher Sicht fehlte mir ein Ansprechpartner und ich war eine Einzelkämpferin. Nun habe ich Verstärkung erhalten und wir sind zu zweit im Team. Es ist trotzdem sehr wichtig, Netzwerke zu schaffen und zum Beispiel den regelmässigen Austausch mit den Sozialarbeitenden von anderen Pfarreien, der Gemeinde oder der Schule zu pflegen. Gleichzeitig bin ich Mitglied des Seelsorgeteams und somit auch eine Teamplayerin. Wichtig ist mir auch die Ökumene, arbeite ich doch für die Katholische und die Reformierte Kirche. Nur weil die Menschen eine andere Konfession haben, unterscheiden sich die Anliegen nicht, mit denen sie zu mir kommen. In meinem Beruf kann ich das soziale Engagement der Kirche leben. Tag für Tag.»
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